Montag, 30. April 2018

DVD-Tipps


















Lange verschollene Folge der Serie Mit Schirm, Charme und Melone aus der Prä-Emma-Ära wiederentdeckt und nun veröffentlicht



Die Fans der Serie wissen es längst: Es gab in der britischen Serie Mit Schirm, Charme und Melone eine Zeit vor Diana Rigg als Emma Peel. 1960 war einer der Hauptgründe zum neuen Serien-Vorhaben, eine neue Rolle für den Schauspieler Ian Hendry zu finden, da die bisherige Serie Police Surgeon mit ihm in der Hauptrolle trotz des großen Erfolges geendet hatte. Nun trat er wieder als Arzt, diesmal nicht im Dienst der Londoner Polizei, sondern mit eigener Praxis auf und untersuchte neben seinen Patienten schwierige Kriminalfälle, unterstützt von seiner Sekretärin und Assistentin (Ingrid Hafner) und John Steed (Patrick Macnee). Auch diese Serie erreichte in England außerordentliche Popularität, wurde allerdings wie damals üblich nur auf Magnetband aufgezeichnet und nach der Sendung wieder gelöscht  -  dass man hier Fernseh- geschichte schrieb und gar eine Art Kult begründete, ahnte man nicht; wenn auch den Beteiligten klar war, hier nun etwas Besonderes, "something different" geschaffen zu haben, bereits vor den späteren ostentativen Pop- und SF-Elementen. Doch schon damals wollte man fort vom üblichen Cops-and-Robbers-Schema und bereits die erste Staffel wagte etwas ausgefallenere Spio- nage- und Science-Fiction-Topoi. Später wurde Hendrys Dr. Keel von Honor Blackman als Cathy Gale abgelöst.

Glücklicherweise hatte man vor der Löschung aber doch insgesamt, wie man bisher glaubte, zwei vollständige Folgen sowie den ersten Akt der allerersten Folge Hot Snow kopiert und damit der Nachwelt erhalten. Vor einiger Zeit wurde dann in einem Archiv zudem noch eine Filmfassung der 20. Folge Tunnel of Fear entdeckt.

























Ian Hendry 





Englands HörZu: Titelbild der TV Times vom 10. März 1961 mit Hendry, Ingrid Hafner und Patrick Macnee. Tunnel of Fear wurde am 5. August 61 gesendet. 


Nun wird diese gelungene, medienhistorisch relevante und nicht zuletzt unter- haltsame Folge in einer deutschen Edition von Studiocanal vorgestellt. Umso verdienstvoller, als das Unternehmen sich wohl kein allzu großes Geschäft erwarten darf, da in Deutschland selbst die Fans der Serie mitunter von der Existenz der Prä-Emma-Folgen entweder gar nichts wissen oder auf Diana Rigg als Macnees Partnerin derart fixiert sind, dass kein Interesse für Tunnel of Fear besteht. Aber es gibt ja noch die anderen, die ganz orthodoxen Aficionados wie Oliver Kalkofe, die schon als Kind alles zur Serie gesammelt haben und die wissen, das bereits Honor Blackman lange vor Diana  in schwarzer Lederkluft vor die Schirm, Charme-Kameras trat.

Die originale Fassung kann wahlweise mit deutschen Untertiteln gesehen wer- den. Der Käufer der DVD erhält im Bonusmaterial u. a. noch die rekonstruierte Fassung der allerersten Folge Hot Snow mit dem erhaltenen ersten Akt, der zugleich erklärt, warum die Serie im Original The Avengers, die Rächer, heißt. Die folgenden Akte werden mittels noch erhaltener Fotos und Band-Stills oder wie man es nennen soll, begleitet von einem Off-Kommentar geschildert; diese anschauliche Methode kennen die Fans bereits aus den alten DVD-Kassetten der ersten Staffel. 



John Steed (PatrickMacnee) arbeitet in Tunnel of Fear undercover als Jahrmarktsausrufer und kündigt orientalische Tänzerinnen an.

Auch die nicht an TV-Historie Interessierten werden ihre Freude haben, vor allem jene, die es "authentisch" mögen und sich nicht an der naturgemäß leicht eingeschränkten Bildqualität stören. Digital nachbearbeitet wurde hier, wenn überhaupt, nicht im Übermaß, und das war richtig. Ein Filmstreifen, der über ein halbes Jahrhundert alt ist und dem noch das kleinste Staubkörnchen weggeklickt wurde (wie bei Murnaus fast hundert Jahre altem Nosferatu), ist halt auch verfälscht und steril, der absolute 1:1 - Originalzustand - hier also den von 1961 - läßt sich ohnehin gerade auch mit dem gründlichsten Remastering nicht wiederherstellen.
Schade ist allerdings der übliche leichte Speedup-Effekt, der sich beim Umkopieren von 24 auf 25 Bilder pro Sekunde einstellt, was jedoch bei DVDs fast immer der Fall ist, ein Rück-Überspielen mit normaler Laufzeit ist zu aufwändig und zu teuer, besonders bei einem Special Interest Programm wie diesem.







Eine nostalgische Reise zurück in die Zeit, als Autos noch wie Autos, Frauen noch wie Frauen und Computer wie riesige alte Radios aussahen.  Tunnel of Fear ist eine der interessantesten Neuerscheinungen auf dem DVD-Markt. Näheres, auch zur Handlung, im nächsten Heft. (fb)

        Bilder Archiv







Unser Nachruf-Heft auf Patrick Macnee Nr. 38/2015  kann noch nachbestellt werden, solange der Vorrat reicht. Der Text hat 28 Seiten.







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