Freitag, 16. August 2019

Vor 75 Jahren - Kurt Gerron schenkt dem Führer einen Film




Er hatte keine Wahl: Am 16. August 1944, heute vor 75 Jahren begannen, wenn die historischen Quellen zutreffen, die Dreharbeiten zu einem Film, der wie ein das Reale abbildender Dokumentarfilm wirken sollte, tatsächlich jedoch eine Verfälschung, genauer Beschönigung des Konzentrationslagers in Terezin, damals offiziell Theresienstadt, im Reichsprotektorat Böhmen und Mähren wurde. Regie führte auf Veranlassung der SS der Berliner Jude Kurt Gerron, der neben seiner früheren Arbeit als Schauspieler auch Erfahrung in der Filmregie besaß.

Angeblich wurde Gerron damals versprochen, er werde das KZ nach Beendigung des Films frei sein, doch dazu kam es nicht. Der Film wurde ohne ihn fertiggestellt und angeblich im Zeitraum Januar bis März 1945 noch einige Male in einer ca. 90 Minuten dauernden Fassung vorgeführt, unter anderem im nahen Prag. Diese Langfassung gilt als verschollen.

Filmhistorisch bedeutsam ist das Filmwerk, dass unter dem Titel Der Führer schenkt den Juden eine Stadt in die Filmgeschichte einging, eigentlich aber einen wesentlich nüchternen Titel erhalten sollte, nicht zuletzt aufgrund seines Entstehens quasi hinter Goebbels´ Rücken. Es beweist somit, dass der Minister in Berlin doch nicht die völlige absolute über die Filmproduktion besaß, und dass die SS auch in dieser Hinsicht ein Staat im Staate war. Näheres im nächsten Heft.



Dienstag, 13. August 2019

Gesichter, die uns auffielen: John McGiver





Beim Namen McGiver denken die Jüngeren wohl eher an die gleichnamige mittelprächtige Ac- tionserie mit dem feschen Titelhelden, einer Art Brad Pitt für Fußgänger. Wer das klassische Hollywood liebt, hat indes ein ganz anderes Gesicht im Sinn. Der 1913 geborene John McGiver arbeitete zunächst als Lehrer in der Bronx, hatte auch schon mal fürs Theater gearbeitet, fand jedoch die Bezahlung zu dürftig, im Laufe der Jahre wurde er Vater von zehn Kindern. Gleichwohl gab er mit über 40 Jahren das Lehrerdasein auf und wagte ein Umsatteln in den Schauspielerberuf. Selbst wenn seine Lehrtätigkeit nicht so abgesichert gewesen sein dürfte wie die eines deutschen Beamten, so verdiente sein Entschluss doch großen Respekt. Das sind eben die Amis, sie sagen sich: man lebt nur einmal, und jedes Risiko ist eine Chance.

Sein Mut wurde belohnt. Im Laufe der Jahre erhielt McGiver einige markante Nebenrollen im Spiel- und ebensolche Hauptrollen im Fernsehfilm. Das Bild oben zeigt ihn als Verkäufer im Juwelierladen Tiffany´s im bekannten Hepburn-Klassiker, wo er ganz der seriös-verbindliche Charakter sein durfte, dem man nicht nur den Gebrauchtwagen abkaufen würde. Weniger bekannt (und bei Wikipedia wieder mal nicht erwähnt) ist seine Mitwirkung als Richter in dem unvollendet gebliebenen letzten Film der Marilyn Monroe, Something´s Got To Give. Neben Autoritäten konnte er auch Fieslinge und ironisch-komische Rollen (etwa in der Serie Auf der Flucht, wo er Dr. Kimble Unterschlupf gewährt) gestalten, eine Vielseitigkeit, die man seinem zunächst etwas bieder wirkenden Gesicht nicht unbedingt zutraut, wie leicht man sich da irren kann. Den Fans der Serie Immer wenn er Pillen nahm ist er heute wohl noch am Besten in Erinnerung.




DVD-Markt: Frankfurt Kaiserstraße kommt








































Das ambitionierte DVD-Label Subkultur-Entertainment bringt demnächst einen Film heraus, der zwar nicht direkt zur Subkultur, eher zur leicht trashig-interessant und romantisch gelungenen Filmkunst zählt: Frankfurt Kaiserstraße (198!9 von Roger Fritz. Ein Thema in drei Variationen, eine ist die auf 150 Stück lititierte Version sein, die auch einen Nachdruck des Originaldrehbuchs enthält. Soll alles am 11. Oktober erscheinen.


Samstag, 3. August 2019

Rätseln mit Ronnie



Veronica Zemanova





Bei welcher englischen Fernsehserie wird in der Vor- und Abspannmusik Johann Sebastian Bach zitiert?

Kleiner Tipp: Es ist eine Krimiserie, also nicht Yes, Minister oder Yes, Premierminister.

Auflösung wie immer am Postende.






Ab Donnerstag:: Berlin, I love You mit Ex-Porno-Braut Sibel Kekilli


Der französische Produzent E. Benbihy hat einen Zyklus Cities of Love kreiert und, man höre und staune, auch Berlin ist darunter. Zur Abwechslung gewinnt das Ausland der deutschen Hauptstadt etwa tatsächlich eine romantische Seite ab????  Und nicht oder nicht nur die Ex-Nazi-Metropole. die sie in Wahrheit nie war???
Im "roten Berlin", wie es schon in den 20er Jahren hieß, fühlten sich die Nazis nie so recht wohl, kein Wunder. Die offizielle "Hauptstadt der Bewegung" war München, die Reichsparteitage fanden in Nürnberg statt etc. Dank der unliebsamen Person namens Antje Krumm kann ich leider auch zu diesem Film nichts Näheres vermelden, nur dass er aus mehreren Kurzfilmen bestehen soll, dass bei mindestens einem Til Schweiger Regie führt (er will beweisen, dass er nicht nur als Schauspieler nichts taugt), dass Keira Knightley eine Flüchtlingshelferin spielt (aber wer will schon Flüchtlings im Kino sehen???), dass Helen Mirren ihre Mutter spielt (die Frau könnte sich auch langsam endlich mal zur Ruhe setzen, an ihr hat man sich weidlich sattgesehen) und dass auch noch unsere Paradetürkin Sibelk Kekilli mitwirkt. Ich wage mal eine Fern- diagnose: Ihr Porno Head-On war künstlerisch wertvoller. 

Und wo wir gerade beim Thema sind .....




Pornografie   -   Karriere eines Begriffs 











Aus gegebenem Anlass - Madame Kekilli, siehe oben -  folgt nun ein schon früher vorgesehener, aber wegen technischer Probleme liegen ge- bliebener Beitrag.
Die Älteren werden sich erinnern: In den späten 60er Jahren und noch in den frühen 70ern wurden in Deutschland ganz allgemein für Filme, deren weibliches Ensemble vornehmlich im Evakostüm herumlief, einfach als "Sexfilme" bezeichnet, manchmal auch als Pornos, was aber, jedenfalls aus heutiger Sicht, irreführend war. 
Manche Titel kokettierten schon selbst mit dem etwas deftiger klingenden Wort Porno, etwa Alois Brummer mit seinen beiden Graf Porno-Filmen. Es handelte sich jedoch bekanntermaßen nicht um Kinowerke, in denen es richtig zur Sache ging, das war hierzulande noch gar nicht erlaubt, sondern in denen nur simuliert, also gespielt wurde  -  so gesehen waren im übrigen die vielgescholtenen "Darsteller" in Lass jucken Kumpel, im Schulmädchenreport etc. durchaus Schauspieler, die Mädels wie die Kerle. 

Mitte der 70er kam dann die Liberalisierung, wie sie in Skandinavien und mitunter sogar den prüden USA  längst obwaltete: Nun hiess Pornofilm Film, in dem richtig Gas gegeben wird, mit sichtbarem Eindringen ins Mädel und finaler Ejakulation   -   Shocking! Als zweiter entsprechender Begriff bürgerte sich Hardcore ein, im Gegensatz zu Softcore.
Seit schätzungsweise 20 Jahren gibt es im Zuge der allgemeinen sogenannten politischen Korrektheit ein nunmehr feministisches Rezeptions-Rollback: Nun kann auf einmal wieder, wie in den Sixties, jeder Film mit nackten Frauen als Porno bezeichnet werden, selbst die harmlosen Schulmäd- chenreports sind nun "Soft-Pornos". Der Unterschied: Diesmal erfolgt die Etikettierung nicht im Sinne der Befreiung, so wie es zum Beispiel bei den Angelsachsen die "Bann the Bra"-Aktionismen waren, sondern negativ im Sinne von frauenverachtend, frauenfeindlich  -  wobei "feindlich" ein Begriff aus dem Kriegswesen ist, eines jener Signale dafür, wie ungemütlich das Verhältnis zwischen den Geschlechtern geworden ist.


Es gibt somit drei historische Phasen: 

1. bis Anfang der 70er Jahre: Sämtliche Erotikfilme mit Liebesszenen nackter oder halbnackter Akteure sind "pornografisch", damals noch mit "ph", also "pornographisch" oder schlicht "Pornofilme" oder "Pornos". Parallel verwendet man "Sexfilm".
2. von Mitte der 70er bis - ungefähr - Mitte der 90er/Millenium: Nur Filme mit realem Liebesakt sind pornografisch.
3. vom Millenium bis heute: Alle Filme mit nackten oder halbnackten Frauen sind pornografisch = in allgemeiner Mainstream-Lesart frauenfeindlich.


Auf welche Weise sich diese neue Prüderie männerfeindlich gestaltet, erwies sich vor einiger Zeit, als in den Medien das Ableben von Filmproduzent Wolf C. Hartwig gemeldet wurde. Man bezeichnete ihn unter anderem abwertend als "Soft-Porno-Produzent". Hartwigs normale" Filme wurden gar nicht erwähnt. Ich bezweifle, dass der bundesdeutsche Durchschnittsspießer in der Provinz solch  fein- sinnige Trennungen zwischen "Hard" und "Soft" beim Lesen oder im Radio hörend zu machen imstande ist, seine Mitbürger mit Migrationshintergrund können es ebensowenig.
Wenn es dereinst einmal die Nachrufe auf Ingrid Steeger oder Gila von Weitershausen geben wird, schreibt garantiert niemand, sie hätten ihre Karriere mit Soft-Pornos begonnen  -  das würde von der Familie und von den feministischen Moralwächterinnen als frauenfeindlich bezeichnet, das Recht hierzu würden sie notfalls vor Gericht einklagen. Auf exakt diese Weise wird in Deutschland bei Männern und Frauen mit zweierlei Maß gemessen. (fb)



Dantes DVD-Inferno: Interessantes meist nur im Ausland




Haben sie es auch schon mal erlebt? Da wollen Sie einen sehenswerten älteren deutschen Film als DVD kaufen, müssen ihn aber im Ausland bestellen. Traurig, aber wahr: Der Prophet gilt nichts im eigenen Land. Freilich gibt es, quasi als Feigenblatt, einige Ausnahmen, so wurde die digitale Restaurierung des deutschen Science-Fiction-Films Gold von 1934 mit Hans Albers und Brigitte Helm mit Staatsgfeldern gefördert, ebenso die des UFA-Jubiläumsfilms Münchhausen, wiederum mit Albers. Dies sind Ausnahmen, sie bestätigen die Regel und sind manchmal auch noch unverschämt teuer, trotz Steuergeld-Förderung, Paradebeispiel ist die DVD-Serie des Münchner Filmmuseums.

Das Filmwesen wird bei uns bis auf den heutigen Tag nicht recht ernst genommen, diese Haltung sitzt einfach zu tief in den Genen. Der Film Der amerikanische Soldat, ein Frühwerk Fassbinders, war jahrelang nur in einer britischen Edition erhältlich. Ganz aus ist es entsprechend mit ausländischen Filmen, die nicht sofort den großen Profit versprechen. So musste ich zum Beispiel eine Box mit sechs höchst sehenswerten Jean-Har-low-Filmen in Spanien bestellen. Der Grund liegt wohl im besonderen Faible der Südeuropäer für Blondinen. 

Und wie viele sehenswerte Epen liegen nur bei den Amis vor, die nur mit Playern für Region 1 ab- spielbar sind. In den letzten Jahren ist man zwar davon abgekommen, um sich dem europäischen Markt zu öffnen, und programmiert "all Regions", dennoch ist das Ärgernis noch immer groß genug. 
Je größer die Konkurrenz des Internet-Downloads wird, umso geringer die Chance, dass sich auf dem deutschen Scheibenmarkt etwas ändert. Dss Netz hat eben mehrere Nachteile: oft illegal, mit schlechter Bildqualität und ohne Box, in der man sich den Film ins Regal stellen kann; es sei denn man überspielt mühselig und macht sich seinen eigenen Aufkleber und ein eigenes Box-Papierchen.


Lässig am Gerät: Deanna Durbin in Something in the Wind

EIn weiteres Indiz für die größere Wertschätzung der Filmkunst im Ausland bilden die manchmal erstaunlich hohen Preise. Da werden 50, 100 und noch mehr Euro für Filme bezahlt, die nicht oder kaum zum allgemeinen Meisterwerk-Kanon gehören und allenfalls gewisse Special-Interest-Merkmale besitzen  -  mit den Deutschen ist das nicht zu machen, sie sind einfach zu knauserig.

2 Beispiele: Susan slept here von 1954, bei uns damals umbenannt in Eine Nacht mit Susanne, lang ist´s her, und völlig in Vergessenheit geraten - bei uns. Regie führte der letztlich wohl doch etwas überschätzte Ex-Comiczeichner Frank Tashlin, wenngleich seine Filme das gewisse Etwas haben, dass seine Filme ein wenig über die Mainstream-Konventionen der Fifties erhebt; es ist heute halt nur nicht mehr nachvollziehbar, wie die deutschen Filmkritiker in den 70er und 80er Jahren bei Tashlin-Wiederaufführungen derart in Verzückung gerieten. Man denke nur an The Girl Can´t Help It, den ich einerseits nichr nur wegen Jayne Mansfield, Fats Domino und Little Richard  für sehenswert halte  -  aber deshalb gleich in die oberste Etage des Kultfilm-Olymps? Eine Rezeption wie die in den 70ern und 80ern sagt imgrunde mehr über das damalige bundesdeutsche Bedürfnis nach Altären zum Anbeten aus.

Doch zurück zu Susan bzw. Susanne. Dieser vor allem für Buffs von Tashlin, Debbie Reynolds und Anne Francis interessante Streifen kostet derzeit bei Amazon als DVD 71,36 Euro plus Versand. Und es kommt noch dicker: für Something In The Wind, eine hier gar nicht gelaufene Musikkomödie von 1947 mit Deanna Durbin, löhnt man derzeit bei Amazon - man höre und staune- 283,41 Euro, plus Versand. Und es ist nicht mal eine Blu-ray, künstlerisch zählt man ihn auch nicht zu ihren besten Werken.
Besser hätten die von Amazon den Preis gleich in Dollar genannt, denn wer kennt bei uns schon Deanna Durbin? In ganz Deutschland vielleicht zwanzig Männeken, mit mir einundzwanzig mei- netwegen, die sich fanatisch mit Filmgeschichte befassen. Bei den Yankees dagegen scheint sie noch ähnlich präsent zu sein wie Judy Garland, sonst wäre ein solcher Preis, für den man glatt auch eine 70mm-Kopie bekäme, wenn es sie denn gäbe, unrealistisch. Aber ein reicher und filmbeses- sener Amis, vielleicht auch ein Franzose würde womöglich tatsächlich so tief in die Tasche greifen, um rund 300 Euro für eine DVD zu bezahlen, und darauf spekuliert Amazoin eiskalt: Gut für deren geschäft, schlecht für uns Filmbuffs, die nicht ganz so reich sind. Aber vielleicht gibt es das Epos ja irgendwann auch mal wieder billiger.



Rätsel-Lösung




Department S