Freitag, 17. August 2018

Gesichter, die uns auffielen: Sasha Grey






Multimediakünstlerin wäre wohl die treffendste Berufsbezeichnung der jungen Dame. Sowohl in Filmen der besonders deftigen Art als auch in Mainstreamwerken, in mindestens einer Fernseh-Soap und in Musikvideos trat sie auf. Steven Soderbergh gab ihr sogar mal eine zentrale Kinohauptrolle, in Girlfriend Experience; außerdem war sie kurzzeitig Mitglied einer "richtigen" Künstlergruppe, schrieb 2013 einen Roman, Die Juliette Society etc. etc.
Von der Handlung her müsste das Buch wohl eigentlich Die Justine Society heißen, und wäre er von einem Mann geschrieben worden, hätte man ihn automatisch frauenfeindlich genannt. Die Zeit schrieb damals, der Roman sei "Punst", ein sich besonders schick dünkendes Crossover aus Por- nografie und Kunst  -  als ob das ein Widerspruch wäre. Dass dem nicht so ist, hat sich 50 Jahre nach Susan Sontags Essays noch immer nicht gänzlich herumgesprochen, nicht mal bis zur Zeit.

Welche Werke dieses Multitalents wird man in hundert Jahren noch rezipieren? Auf jeden Fall die Pornos, logisch, sofern sie gescheit gelagert oder umkopiert wurden, nur Fans großer Busen werden einen Bogen machen. Das aber war gerade eines ihrer Merkmale, ihre Natürlichkeit: sie machte eben keinen Silikonzirkus und war nicht gepierct oder tätowiert. Ihr Typ war damals so erfolgreich, dass mit Sasha Rose gleich noch ein zweiter, ähnlich jungmädchenhafter Pornostar aufgebaut wurde (Frau Rose hat  dann vor einiger Zeit doch nachgeholfen und die Brust vergrößern lassen, es sieht auch richtig künstlich aus). Der Soderberghfilm und der Roman mögen Geschmackssache sein. Es wäre schön, mal wieder was von Sasha Grey zu hören, die Amerikanerin macht seit längerem eine schöpferische Pause. (fb)


Sasha in Steven Soderberghs Girlfriend Experience




A Bigger Slash? Suspiria-Aufguss




"Es gibt Klassiker, die man nicht ungestraft neu verfilmt." (Hellmuth Karasek)


Am 1. September soll die 2. Version von Dario Argentos Horrorfilm Suspiria bei den Filmfestspielen in Venedig Premiere haben. Strenggenommen ist es die dritte, vor zehn Jahren entstand eine deutsche Hommage unter dem Titel Masks mit ähnlicher Handlung, Regie Andreas Marschall, in der die Heldin nicht in eine Ballett-, sondern Schauspielschule gerät (ich organisierte damals die Kölner Erst- aufführung). Dieser deutsche Film kam mit wenigen Effekten, die wahrhaft Splatter waren, aus, der neue offenbar nicht. Ich weiß noch gar nicht, ob ich ihn mir überhaupt ansehen möchte, das schon bekannte Bild- und Szenenmaterial ist mir einfach zu ekelhaft.

Positiv freilich, dass auf klassischem teuren 35mm-Material gedreht wurde, Tarantino ist also doch nicht der Einzige, dem dies noch finanziert wird, höchst erfreulich. Hier ist es Luca Guadagnino, der mit A Bigger Splash bereits ein erfolgreiches Remake des alten Swimmingpool mit Romy Schneider gestaltete. Ein Minuspunkt: in der Hauptrolle bestätigt Dakota Johnson mal wieder, ganz wie die Mutter, die unseligen Erbhof-Mechanismen im angelsächsischen und internationalen Film (sie ist Tochter von Melanie Griffith und Don Johnson). 
Und zum x-ten Mal ist Deutschland Schauplatz eines Horror-Szenarios, von Adolf bis Argento. Ge- dreht hat man hier freilich nur kurz, um die eigenen Leute möglichst lange zu beschäftigen, und ge-zwungenermaßen wegen der Fördergelder. Argento-Fan Tarantino mag den neuen Film angeblich, aber auch Meister können mal irren. Kritik folgt, wahrscheinlich von einem Kollegen. (fb)






Sonntag, 12. August 2018

Rätsel





Wurde in der Pariser Cinémathèque Francaise schon mal ein Pornofilm gezeigt?
Antwort wie immer am Postende.




Heinz Erhardt: unbekannter Nachlass entdeckt



Ein Konvolut mit Texten und Kompositionen des jungen  Heinz Erhardt aus den 20er und 30er Jahren, dass jahrelang auf dem Dachboden seines Hamburger Hauses lag und nach dem Verkauf des Hauses in ein Musikarchiv kam, ist nun wiederentdeckt worden.
Die unbekannten Werke kommen nun zu späten Ehren. Am 24. Oktober soll eine CD mit Ein- spielungen der NDR Bigband, Axel Prahl, W.W. Möhring und andere erscheinen erscheinen.

Mit seinem literarischen Werk war Erhardt beinahe einzigartig. Wie außer ihm nur noch Karl Valentin beherrschte er die Kunst der humorvoll-hintersinnigen Wortparaphrasen (die oft ver- wendete Bezeichnung "Wortverdrehung" wird dem Autor nicht gerecht). Scheinbar nur von charmantem Mutterwitz geprägt und ohne "Anspruch" im prätentiösen Sinne, bewiesen Erhardts Texte, Prosa und Gedichte, mitunter durchaus eine zu seinen Lebzeiten nicht erkannte intellektuelle Größe. (fb)




Stimmen, die uns auffielen
Traum-Django und Traum-Schwiegersohn: Robert Young


Seine wichtigste Rolle, filmhistorisch betrachtet jedenfalls, hatte er in einem Hitchcockfilm, in einer ernsten Rolle. Mir wie so vielen anderen meiner Generation wurde er zunächst als Hauptdarsteller in der Vorabendserie Dr. med. Marcus Welby bekannt, als man noch nicht permanent mit Arzt-Soaps zugemüllt wurde. Die Rolle passte ebenso zu ihm wie der Nachkriegsserienhit Vater ist der Beste, wo er einen Familienvater wie aus dem Bilderbuch verkörpern durfte, kaum streng und eher gutherzig-wohlwollend, denn Young war äußerlich das Gegenteil des He-Man, des Machos; in jungen Jahren erschien er auf der Leinwand als netter Sonnyboy und wie der brave ideale Schwiegersohn.

Anders hingegen seine Stimme. Man könnte meinen, dass sie eigentlich nicht zu ihm passte; ich traute meinen Ohren nicht, als ich erstmals seinen O-Ton in einer TV-Originalfassung hörte: tief, sonor und männlich bis der Arzt kommt; er hätte Bogart, Gable oder andere Machos problemlos syn- chronisieren und in Hörspielen Mike Hammer oder Django sprechen können. Freilich "passte" die Stimme trotzdem, sie wirkt wenn man so will auch als Ergänzung zu seinem "Softie"-Äußeren. Nur ist die Erwartungshaltung eine ganz andere, wenn man den Schauspieler nur aus Synchronfassungen oder von Bildern her kennt. Vermutlich haben sich viele englischsprachige Männer von Alaska bis Sydney damals eine Stimme gewünscht wie die von Robert Young.
Der gebürtige Chikagoer starb 1998 im Alter von 91 Jahren, was dafür spricht, dass der Künstler ähnlich solide lebte wie er in seinen Rollen wirkte  -  er war jedoch trotz seines beruflichen Erfolges Alkoholiker geworden und unternahm 1991 einen Selbstmordversuch. Alkoholismus war im 20. Jahrhundert die klassische Berufskrankheit der Schauspieler. (fb)




Rätsel-Lösung


Ja, spätestens 1999 im Rahmen der "Nuit du sexe folle" (Nacht des verrückten Sexes).







Donnerstag, 2. August 2018

Ratschlag für Filmbuchleser: Doku einer Star Trek Tagung






Demnächst erscheint ein Buch für alle "Trekkies" und sonstige Interessierte, die sich mit philoso- phischen Hintergründen zur Science Fiction befassen wollen. 2016 befasste sich in Nürnberg eine Tagung mit der Frage, inwieweit die Serie Star Trek, uns Älteren zunächst mal noch immer in Deutsch als Raumschiff Enterprise ein Begriff, wirklich eine Positive Utopie ist und wie unser heutiger Blick auf die von Ur-Autor und Produzent Gene Roddenberry entworfene Vision persönlicher Freiheit in der Welt der Zukunft sein soll. Veranstalter war der Humanistische Verband Bayern.

Das von Michael C. Bauer herausgegebene Taschenbuch bietet den Wortlaut der Redebeiträge. Erfreulich, wenn hierzulande auch die fiktive Kunst in den Massenmedien und die Science Fiction so langsam vom wissenschaftlichen Diskurs ernst genommen werden, wenngleich vielerorts noch immer gönnerhaft von oben belächelt. Nichts gegen Kongresse über Uwe Johnson oder Hans Henny Jahnn, aber deren Werke liest kein Mensch, leider. Bei Star Trek hingegen das umgekehrte Phänomen, eine nicht tot zu kriegende Vermarktungsorgie fast wie bei Star Wars, gottlob nur fast.


Typisch amerikanisch und wirklich "Faszinierend", wie Mister Spock sagen würde, ist die Besonderheit, dass Roddenberry kein weltfremder Theoretiker war und auch nicht so wirkte, eher wie ein munterer vertrauenswürdiger Kumpel, dem man den berühmten Gebrauchtwagen abkaufen würde und der dennoch genau wusste, was er wollte und mit beiden Beinen mitten im Leben stand: im Krieg Bomberpilot, später dann Arbeit bei der Polizei von Los Angeles, wobei er bereits das Schreiben üben durfte, nämlich als Ghostwriter für seinen Vorgesetzten.
Den späteren Erfolg beim Fernsehen musste sich Roddenberry hart erarbeiten, er fiel nicht vom Himmel. Fantasie und Intelligenz waren das eine, Durchsetzungsvermögen das andere.

Positive Utopien wurden signifikant für die voller Optimismus und Fortschrittsglauben strotzenden 50er und 60er Jahre, Roddenberry zeigte aber auch, dass der Weg hin zu einer besseren Welt ein steiniger sein würde. Später hat er dann die weltweiter Krisen seit Mitte der 70er Jahre noch erlebt.




Wir konnten das Buch noch nicht lesen, für orthodoxe Fans aber dürfte es wohl Pflicht sein. Als Erscheinungstermin ist der 2. September vorgesehen, Preis 19,99 €; für ein Taschenbuch schon etwas teuer.