Montag, 27. Juli 2020

Amazon: Freud und Leid mit Kunden-Filmrezensionen



Filmkritiken schreiben ist eine große Kunst, von nur wenigen Meistern beherrscht. Ein Beispiel für den Status quo, wo jederman schreiben kann, was er will (sofern er nicht zu wenig politisch korrekt ist), stellen die Filmbesprechungen im Amazon-Kaufangebot von Spielfilmen auf DVD und BD dar.

Wie so viele große Internetfirmen sind auch Ebay und Amazon Fluch und Segen zugleich. Einerseits muss man wohl froh sein, dass ein solch reichhaltiges globales (und legales!) Angebot an Silberlingen überhaupt existiert, wobei global gerade bei älteren Filmen hochrelevant ist, gibt es doch manchen Schatz der Filmgeschichte mitunter nur aus Südkorea oder Australien zu bestellen. Ärgerlich auch, dass filmhisorisch wichtige Filme oft nur im Ausland zu haben sind, erst in jüngster Zeit hat sich die Situation ein wenig gebessert. Ebay bietet hauptsächlich alte Programmhefte, Aushangfotos und andere Memorabilia an, die Auswahl an eigenlichen Filmen ist bei Amzon weitaus größer.

Ein Kapitel für sich sind die Amazon-Kundenrezensionen. Sie ähneln sich sehr oft inhaltlich und formal, und das macht sie nicht besser: Nachdem man etwa zum hundertfünfzigtausendsten Mal gelesen hat, der Autor hätte diesen Film als Kind gesehen und angenehme Erinnerungen daran - wie schön für ihn/sie -, kommt dann eine ausführliche Inhaltsangabe, die man bei Wikipedia meist besser geboten kriegt. In der Regel liest man diese Texte, um einen Tipp zu bekommen, ob sich der Kauf des jeweiligen Films auch lohnt. Stattdessen wird einem mit deutscher Gründlichkeit bei Krimis auch noch verraten, wer der Mörder/die Mörderin ist ..... manche Dinge will man eben gar nicht wissen oder jedenfalls noch nicht.
Mit viel Glück kommt dann schließlich und endlich der ersehnte Hinweis auf Bild- oder Tonqualität, ob das Bildformat richtig ist, welche Untertitel etc.  -  doch halt, es gilt unbedingt zu prüfen, ob auch derselbe Silberling, den man ursprünglich eventuell kaufen will, auch gemeint ist. Amazon bietet nämlich beispielsweise bei einem 2018 erschienen Film eine Rezension von 2013, das ist kein Witz. Es war dann derselbe Titel, aber natürlich eine ganz andere DVD oder BD, was soll man also damit? Besser eine falsche Rezension als gar keine, so lautet scheinbar der Grundsatz bei Amazon, und so erscheint bei verschiedenen Editionen eines Films oft derselbe Text.

Die Autoren sind indes auch nicht immer intelligenter. Da regt sich zum Beispiel jemand darüber auf, dass Fred Astaire von Erik Ode gesprochen und Astaires Gesang von Rudi Schurike gesungen wurde, das sei doch schauerlich. Man mag das heute (!!!!) so sehen, damals aber war alles anders, da wollte das Publikum einfach verstehen, was Astaire da sprach und auch was er sang, Englisch- kenntnisse waren damals in den 50er Jahren, als die meisten Astaire-Synchros entstanden, noch nicht so verbreitet wie heute, bei der älteren Generation schon gar nicht. In Norddeutschland lernte man zur NS-Zeit mit etwas Glück in der Schule Englisch, was im Süden eher Ausnahme war.

Nicht einmal das viele Rauchen und Saufen in alten Filmen wird toleriert, es fehlt eben die ein- ordnende Historizität, dann sollte man die Beschäftigung mit alten Filmen am Besten gleich ganz lassen. Und dann das Aufregen über selbstverschuldete Fehler beim Kaufen, etwa beim Erwerb einer Scheibe für die Region 1, die man dann nicht abspielen kann ..... selber schuld, muss man da wohl sagen.
Schlußfolgerung: Amazon-Kundenurteile sind überwiegend inkompetent, Wikipedia-Infos schon besser, aber immer noch oft fehlerhaft, am Besten ist und bleibt die Fachliteratur auf gedrucktem Papier  -  oder eine wirklich kompetente Webseite. (fb)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen