Montag, 6. Juli 2020

Freiheit der Kunst vom Winde verweht





               






              "Die Zensur ist die jüngere von zwei unwirtlichen Schwestern, die ältere heißt Inquisition."
                       (Nestroy)


Wenn es stimmt, dass Geschichte sich wiederholt, so erleben wir gerade eine Art neuen Hays Code, diesmal nicht auf amerikanischen Puritanismus basierend, sondern auf sogenannter, falsch verstandener Politischer Korrektheit. Zu den Opfern gehören nicht zuletzt die Bereiche Literatur und Film. Um nur einige Aspekte herauszugreifen: In Deutschland, wo man die Genauigkeit und Gründlichkeit bekanntlich erfunden hat, wurde vor einiger Zeit eine neue Übersetzung des Romans Vom Winde verweht vorgestellt, nur diesmal ganz unromantisch Vom Wind verweht, ohne -e am Windende. Der Grund wird derzeit für alles Mögliche in den Medien und im wirklichen Leben bemüht: "nicht mehr zeitgemäß" - ich kann es schon nicht mehr hören. Na- türlich hat der Übersetzer auch gleich alles übrige getilgt, was "nicht mehr zeitgemäß" ist, so haben die Farbigen im Roman nun keine dicken Lippen mehr, was Margaret Mitchell sich an manchen Stellen zu formulieren erkühnte. Die meisten dieser Spezies oder Ethnie, um nicht Rasse zu sagen, HABEN aber nun einmal recht dicke Lippen und wenn der gute Mann meint, dass nicht sein kann, was nicht sein darf, so spricht dies nicht für seinen Realitätssinn. Aus demselben Grund wurde jene alte Comicgeschichte von Tim und Struppi bereits vor Jahren angefeindet.
Die jüngste Rezeptionsentwicklung der Verfilmung von Mitchells Roman ist bekannt: Wegen der Darstellung der Sklaverei in den Südstaaten wurde der Film von seinem Netzanbieter aus dem Programm genommen und nach einigen Wochen zwar wieder angeboten, doch natürlich mit der entsprechenden "Moralkeule", wie Martin Walser es nennen würde", eines zeitgemäßen Kommentars.

Bei der Planung des Realo-Remakes von Disneys Aladdin wurde ein ganzer Think Tank damit beauftragt, das Drehbuch so zu gestalten, dass sich im Gegensatz zum nun als rassistisch, frauenfeindlich etc. stigma-tisierten Animationsfilm auch niemand einschließlich Türken, Arabern etc. gekränkt fühlt und kein Absatzmarkt verloren geht. Alles gut und schön, jedenfalls gut gemeint, nur geht die Freiheit der Kunst entsprechend verloren.

Wieso beispielsweise dürfen Farbige die Rollen von Weissen übernehmen, nicht aber umgekehrt Weisse die von Farbigen? (wie Sie bemerken, wehre ich mich auch dagegen, dass man nun in Deutschland den Anglizismus People of Colour sagen, gleichzeitig aber das deutsche Äquivalent Farbige lassen soll) Siehe Berlin Alexanderplatz, wo wir einen schwarzen Franz Biberkopf haben, und in dem ver- bzw. abgefilmten Musical über den Gründervater Alexander Hamilton, dort ist der Hauptdarsteller auch nicht weiss. Dort nimmt man wie selbstverständlich die Freiheit der Kunst in Anspruch, während ein weisser Schauspieler nicht mal mehr Shakespeares Othello spielen soll, das ist eine Ungerechtigkeit. Das ist Rassismus gegen Weisse.

Überhaupt gehen Ungerechtigkeit und Gewalt häufig von den politisch korrekten Gutmenschen aus. 2018 hat sich der Frechener Karnevalsverein Negerköpp umbenannt, nachdem Mitglieder auf der Straße mit Steinen beworfen wurden. Es gab mal eine Zeit, wo niemand etwas dabei fand, wenn Europäer sich schwarz anmalten und in Baströcken etc. herumliefen, man fand es halt lustig, bis plötzlich der Vorwurf der Diskriminierung erhoben wurde, es muste ja so kommen. Die leutseligen Karnevalisten fanden sich plötzlich als Rassisten diffamiert und gerieten in Lebensgefahr.

Es ist schon erstaunlich, dass einerseits sogar der Filmklassiker Frühstück bei Tiffany angegriffen wurde, weil Mickey Rooney dort einen clownesken Japaner spielt und asiatischstämmige Amis sich beleidigt fühlten, dass aber in diesem unserem Land niemand protestiert, wenn wir zum hunderttausendsten Mal in einem Film oder einem sonstigen Medium wieder mal alle pauschal als Nazis diffamiert werden. Entweder hat NIEMAND das Recht beleidigt zu sein, wie Salman Rushdie es postulierte, oder ALLE haben das Recht. Stattdessen misst man mit zweierlei Maß und findet das auch noch moralisch-schick. Aber nicht mit mir. (fb)



Lily Damity in This Is The Night, gedreht 1932 in der Prä-Hays-Zeit. Eine solche Szene würde heute nicht mehr so schnell gedreht, jedenfalls nicht in einem Mainstreamfilm. Politische Korrektheit ist nicht zuletzt auch spießig.

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