Donnerstag, 29. März 2018

In Memoriam Erwin C. Dietrich







Wie erst am Wochenende bekannt wurde, ist Kinolegende Erwin C. Dietrich am 15. März verstorben. Den Nachrichtensendungen in deutschen Medien war dies keine Meldung wert, jedenfalls nicht den von mir genutzten. Bis zum heutigen Tag nehmen Mucker und Muffel, Spießer und Sittenrichter, gegen die er besonders in den 60er und 70er Jahren zu kämpfen hatte, sein filmisches Werk nicht ernst. Produzentenkollege Wolf C. Hartwig, ebenfalls mit einem markanten C. in der Namensmitte, wurde wie berichtet im Radio nur kurz als verstorbener "Softpornoproduzent abgehakt.

Vorige Woche sah ich mir nochmals Eine Armee Gretchen an, erstmals in der vollständigeren Blu-Ray-Version, bisher hatte ich nur die alte Videokassette. Und ich dachte mir: Wo ist eigentlich der signifikante Qualitätsunterschied zum wenig später von Sam Peckinpah inszenierten und von Hartwig produzierten Steiner? Er ist minimal. Auch Gretchen war eine Romanverfilmung, nur ohne bekannte Weltstars und mit etwas weniger Aufwand. Dabei wusste Dietrich wohl selbst, dass er kein begna-deter Regisseur war, aber da haben wir mittlerweile weissgott Schlimmeres erlebt. Ursprünglich hatte er Schauspieler werden wollen, die Regie ergab sich im Zuge des unabhängigen Produzierens.

Manchen seiner Relativpronomen-Serie (Mädchen, die .....) markt man an, dass sie wie am Fließband zusammengeschustert wurden, meist aus verschiedenen Episoden, von denen Dietrich manche in mehreren Filmen verwendete; es sollten auch keine Kunstwerke für die Filmkritiker werden, sondern Dietrich wollte einfach so viele Filme pro Jahr wie möglich ins Kino bringen, da er unter großem Druck stand. Es sind dabei aber auch einige wahre B-Film-Perlen unter seinen zwischen Ende der 60er und Anfang der 80er gedrehten Erotik-Epen entstanden, die man sich noch in hundert Jahren ob ihres Charms schmunzelnd ansehen wird.

Als Inhaber neuer eigener Kinos in Zürich hatte er gegen die mächtigen Platzhirsche zu bestehen, was ihm nur anfangs gelang, die Zeit unabhängiger Individualisten war schon vor 20 Jahren endgültig vorbei. Seine zahlreichen beruflichen Krisen überstand Dietrich nicht zuletzt wohl auch wegen seiner als glücklich geltenden Ehe, die aparte und kluge Frau an seiner Seite hielt ihm jahrzehntelang den Rücken frei. Beneidenswert.

2016 wollte ich Dietrich eine Retrospektive in Köln widmen, aber die Rechte waren zu teuer und man wollte mir da auch nicht entgegenkommen. Wenig später gingen der Verleih und Dietrichs Firmengruppe angeblich pleite und die Lizenzfrage war nun weitgehend ungeklärt, die Filme wurden quasi frei, doch da war es schon zu spät, Akasava hatte keine Spielstätte mehr.

Dietrich war Schweizer, aber deutschstämmig. als Kind fühlte er sich oft von seiner Umgebung ausgegrenzt. In Deutschland hat er sich vermutlich mindestens ebenso wohl gefühlt wie bei den Eidgenossen, nicht nur weil er auf den bundesdeutschen Kinomarkt angewiesen war. Ein aus-führlicher Nachruf auf "ECD" folgt im nächsten Heft.





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