Samstag, 8. November 2014

Cottbus: Endspurt beim Festiival


Von den zwölf Filmen im Wettbewerb waren vier mit deutschem Geld cofinanziert, witzigerweise sehen sie aber alle aus wie No-Budget-Movies. Nun sind Festivals immer Ausdrücke des internationalen guten Willens, aber es darf wohl auch hier die Frage erlaubt sein, wo denn eigentlich die Fördermittel geblieben sein sollen.  Unter diesem Aspekt hätte eigentlich das in seiner Heimat verbotene Drama  DIE EIGENTÜMER aus Kasachstan den Preis verdient, da der Film tatsächlich nur mit eigenem Geld - in Kasachstan! - und sozialkritischer Aussage entstand.
Aber es soll nicht sein. Das Ergebnis darf ich noch nicht verraten, es ist wie beim Oscar, heute Abend findet die Preisverleihung statt. Das einzige Lichtspiel, dem man sein Geld ansah, war ausschließlich im eigenen Land finanziert, WARSCHAU 44, für die Polen ähnlich identitätsrelevant wie einst THE BATTLE OF BRITAIN (LUFTSCHLACHT UM ENGLAND) für die Briten, wo Michael Caine und L. Olivier notfalls auch gratis mitgewirkt hätten. Nur ist WARSCHAU 44 leider kein besonders guter Film geworden, nicht nur hinsichtlich der üblichen Schwarzweiß-Malerei - alle Deutschen sind ausschließlich fiese Nazis, alle Polen sind jung und sexy und Helden  -  es gibt auch viel Leerlauf, und bei manchen Szenen wird der Zuschauer allein gelassen, weil einfach nicht klar ist, ob nun gerade die Wehrmacht einen Teil von Warschau zurückerobert oder ob die Rote Armee angreift. All das hat Herr Wayda vor über 50 Jahren im KANAL weit besser inszeniert.
Einer der wenigen positiven Aspekte ist die Verbindung von Eros und Tod, die es ja zweifellos gibt, nicht zuletzt im Krieg: im Bombenhagel oder davor oder danach bumst es sich nochmal so schön. Und da ist der Film ausnahmsweise historisch korrekt, denn in solch gefahrvollen Situationen kamen Liebespaare tatsächlich oft und schnell zur Sache, in Polen und in Deutschland, nach dem Motto "Wer weiß, ob wir morgen noch leben, dann ist es zu spät, wir wollen noch was haben vom Leben." Ansonsten aber leider nur der übliche Mainstream-Kitsch, gelegentlich untermalt von schickem E-Gitarrenklang. Und natürlich kein Wort darüber, dass Polen ursprünglich von der Wehrmacht und der Roten Armee gemeinsam überfallen wurde, die Kommunisten greifen schon zum 2. Mal an, allerdings nicht Warschau.
FREIER FALL aus Ungarn ist nach wie vor einer meiner Lieblingsfilme, oder SO SIND DIE REGELN aus Kroatien über ein Elternpaar, dessen Sohn ins Koma fiel und stirbt, ist subtil und packend, hört dann nur leider etwas zu plötzlich auf, echt schade. DIE UNGEHORSAMEN aus Serbien hat eine tolle Hauptdarstellerin mit langen Beinen und langer, aber nicht zu langer Kleopatranase. Das ewige Herumalbern mit ihrem Lover trägt den Film indes nicht die volle Zeit hindurch, zu unsexy, zu wenig Einfälle, es hätte eine Art TÜRKISCHE FRÜCHTE auf Serbisch werden können, wurde es aber nicht, auch hier echt schade.  -  Generell aber doch in Cottbus ein hohes Niveau, und die Erwartungshaltung, dass der Wilde Osten, obwohl oft mit westlichem Geld unterstützt, sich noch nicht so dermaßen an den Mainstream hat angepassen lassen ist wie das Kino im Westen, wurde gottlob bestätigt  -  ein wertvolles dramaturgisches Gut. (fb)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen