Donnerstag, 25. Juli 2019

KIDZARTZ: Die drei !!! ab heute im Kino






Auf diese Idee musste man erstmal kommen. Nach dem Erfolg der Drei Fragezeichen erfand jemand die Drei Ausrufezeichen. Leider gehört auch dieser Film zu jenen, die ich nicht sehen konnte, aber das Titellied durfte ich per Zufall im Radio konsumieren: Es soll jungen Mädels im Grundschulalter offenbar bereits Mut machen, das leicht abgedroschene Klischee von der "starken Frau" zu erfüllen. Der Text belehrt uns, Mädchen seien "anders" und machten vieles "besser". Indertat, so heisst es etwa nicht selten in der Tiefenpsychologie, dass Mädchen und Frauen ein größeres Talent zur Intrige haben und dazu, ihre Mitbürger zu manipulieren und in die Pfanne zu hauen (wohl der von Mutter Natur so gedachte gerechte Ausgleich dafür, dass Frauen meist körperlich kleiner sind, kleiner, aber cleverer im Sinne von gerissener). Deshalb ist auch leider das Ende des Refrains fragwürdig, wenn die Kameradschaft unter Mädels beschworen wird, denn genau die funktioniert bei den Jungs dem-entsprechend wesentlich besser.
Aber vielleicht ist das Kunstwerk ja an sich ganz brauchbar. Jürgen Vogel spielt mit, das kann ein Gewinn sein, muss aber nicht. (fb)




Das Parlament im Film

Haben Sie das auch gesehen? Weil der Plenarsaal des Bundestages renoviert wird, kommen die Abgeordneten zur Vereidigung unserer neuen Verteidigerin in einem Provisorium zusammen. Und wo? Man pfercht sie tatsächlich im benachbarten Paul-Löbe-Haus zusammen, und zwar auch noch im Foyer!
Das sind die Momente, wo ich mich frage, ob die Franzosen, Briten und Italiener nicht doch recht haben, wenn sie uns gelegentlich für kulturlose Primitive halten. Wie reagierten die Medien? Genau so kleinbürgerlich und spießig wie der deutsche Durchschnittsbürger, es wurde ausgerechnet, welche Summen es kostet, um die Politiker aus den Ferien nach Berlin zu fliegen, nur um bei einer Verei-digung anwesend zu sein (es waren eh nicht restlos alle da), und kaum jemand nahm an der peinlich provisorischen, imgrunde häßlichen Location Anstoß.
Der Plenarsaal im Reichstag selbst ist freilich auch nicht viel besser und wirkt wie ein Besucher-Wartesaal im Krankenhaus, das war in der Kaiser- und der Weimarer Zeit anders, die Krönung ist im wahrsten Sinne des Wortes die Glaskuppel von Norman Foster, an der sich damals die Geister schieden. Ich gehöre zu denen, die finden, dass sie wir die Faust aufs Auge wirkt. Da hatten die Nazis beinahe noch mehr Stil, als sie nach dem Reichstagsbrand 1933 in die Kroll-Oper auswichen.

Im britischen Unterhaus habe ich einerseits immer die relative Enge des Plenarsaals - so wirkt er jedenfalls auf Fotos und im Fernsehen - bedauert, andererseits aber stets bewundert, dass dort auf dem großen, zugleich als Rednerpult dienenden Tisch tatsächlich zwei Reihen mit Büchern stehen bzw. liegen. Diese Bücher werden sicherlich so gut wie nie benutzt und doch erfüllen sie mindestens zwei Funktionen. Sie stehen ganz allgemein für die Tradition des Hauses und wenn man so will auch noch dafür, dass Politik (so sollte es jedenfalls sein) etwas mit Geist und Gelehrsamkeit zu tun hat.

Die Deutschen haben eben jeglichen Sinn für Repräsentation verloren; hätte man für die gestrige Sitzung nicht einen großen Saal zum Beispiel im Berliner Schloß Charlottenburg nehmen können? Als 2003 das 40jährige Jubiläum des deutsch-französischen Freundschaftsvertrages zu einer ge- meinsamen Sitzung von Bundestag und französischer Nationalversamlung führte, fand diese im Spiegelsaal von Versailles statt. Die Franzmänner wissen, wie man Staat macht, wir wissen es nicht.

Und so gibt es auch nur recht wenige Spielfilme, die sich im Laufe der deutschen Filmgeschichte den Reichstag als Schauplatz wählten. Von den ganz alten, im mitunter so genannten "Heiligen Rö-mischen Reichs teutscher Nation" abgehaltenen unregelmäßigen Reichstagen - die allerersten hatten noch unter freiem Himmel stattgefunden - gab es meines Wissens überhaupt nur Bemühungen um Martin Luthers großen Auftritt. Er musste sich vor Kaiser und reichstag verteidigen und tat den berühmten Spruch "Hier stehe ich, ich kann nicht anders!" Recht beeindruckend war hier Lambert Hamel von den Münchner Kammerspielen in einem mehrteiligen Luther-Fernsehfilm von 1980. Vor ungefähr zehn Jahren gab es dann einen deutschen Lutherfilm mit einem Ami in der Hauptrolle, schon äußerlich eine Fehlbesetzung, viel zu schlank, während Hamel ideal war.  -  Der spätere "Immerwährende Reichstag" im Rathaus von Regensburg kam wohl gar nicht zu Leinwandehren.

Es gibt drei oder jedenfalls mindestens drei Filme, für welche der Plenarsaal des Reichstages im Kaiserreich nachgebaut wurde: Für Carl Peters, mit Hans Albers in der Titelrolle, wo man ihn im Plenum gegen die Sozialdemokraten wettern hört, dann für Die Entlassung (oder verwendete man dieselben Bauten? Unwahrscheinlich.) mit Emil Jannings als Bismarck am Rednerpult. Der Vor-gängerfilm Bismarck von 1940 mit Paul Hartmann in der Hauptrolle handelt von seiner Zeit als preußischer Ministerpräsident bia 1871, man sieht ihn nur vor dem preußischen Landtag, den Norddeutschen Bundestag sparte man aus, wenn ich mich recht erinnere.Und schließlich 1968, ebenfalls in Babelsberg gedreht, Trotz alledem!, diesmal Personenkult von links, ein Ostzonen-Epos über Karl Liebknecht. Um ihn vor dem Reichtstag redend zu zeigen, wurde der Saal nachgewie-senermaßen nochmals aufwendig nachgebaut.

Der Grund, weshalb ausgerechnet die beiden deutschen Diktaturen sich diese Mühe machten, ist naheliegend: der jeweilige Personenkult diente der Rechtfertigung des eigenen Regimes. Peters war Antisemit, was im Film allerdings nur angedeutet wird, und Liebknecht war nach 45 als Pionier und Säulenheiliger des Bolschewismus zu gebrauchen.
Aus dem Bundestag nach 49 fand bislang nach meiner Kenntnis noch nichts Eingang in eine Spielfilmszene, kein Wunder. (fb)



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